13.5.2025 – Eine Umfrage zeigt, dass eine zunehmende Zahl an deutschen Unternehmen ihren Mitarbeitern kein Homeoffice mehr gestattet. In der Versicherungswirtschaft aber hat sich flexibles Arbeiten weitestgehend etabliert, wie die Antworten mehrerer Versicherer zeigen – auch, um Fachkräfte zu gewinnen und zu binden.
Seit dem Ende der Corona-Pandemie schränken immer mehr deutsche Unternehmen die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice ein. Das zeigt eine repräsentative Umfrage der Bitkom Servicegesellschaft mbH unter 602 Firmen mit mindestens 20 Beschäftigten.
Aktuell erlauben nur noch 58 Prozent der befragten Unternehmen das Arbeiten von zuhause. 20 Prozent hatten in der Vergangenheit Homeoffice-Regelungen, bieten diese inzwischen aber nicht mehr an. Weitere 20 Prozent haben nie die Option eingeräumt, mobil zu arbeiten.
Trend zur weiteren Einschränkung
Die Tendenz dürfte sich fortsetzen: 15 Prozent der Unternehmen, die derzeit noch Homeoffice ermöglichen, planen eine Einschränkung der Regelungen in den kommenden Monaten. Fünf Prozent wollen die Möglichkeit sogar komplett abschaffen. 45 Prozent beabsichtigen, ihre bisherigen Vorgaben beizubehalten, während lediglich drei Prozent einen Ausbau der Heimarbeit anstreben.
Die Möglichkeit zu Homeoffice hängt hierbei stark von der Größe des Unternehmens ab. So bieten 71 Prozent der Unternehmen mit 100 bis 499 Beschäftigten mobiles Arbeiten an, in der Größenordnung ab 500 Beschäftigten sind es 74 Prozent.
Warum Firmen Homeoffice wieder zurückfahren
Was steckt hinter dem Trend, Beschäftigte ins Büro zurückzuholen? 46 Prozent der Unternehmen vermuten, dass Rückrufaktionen vor allem dazu dienen, unmotivierte Mitarbeitende loszuwerden. Gleichzeitig äußern zwei Drittel (67 Prozent) die Sorge, dass durch die Arbeit von zuhause der Teamzusammenhalt leidet.
Dabei sehen viele auch die Vorteile der Heimarbeit: 44 Prozent sind der Meinung, dass im Homeoffice meist produktiver gearbeitet wird als im Büro. Und selbst ein kontrovers diskutiertes Thema wird inzwischen entspannter bewertet: 41 Prozent der Unternehmen haben kein Problem damit, wenn Beschäftigte während der Arbeitszeit zuhause auch private Angelegenheiten erledigen.
„Die Leistung misst sich nicht daran, ob Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter möglichst ununterbrochen vor ihrem Bildschirm sitzen. Flexible Arbeitszeitgestaltung kann nicht nur dabei helfen, Berufs- und Privatleben besser zu vereinbaren. Sie ermöglicht häufig, produktiver zu sein und bessere Ergebnisse abzuliefern“, kommentiert Dr. Ralf Wintergerst, Präsident des Branchenverbandes Bitkom e.V., die Zahlen.
Wie sieht es aktuell bei den Versicherern aus?
Wie ein Sprecher von Bitkom mitteilt, wurden die Daten der vorliegenden Umfrage nicht nach einzelnen Branchen ausgewertet. Dennoch geben andere Umfragen Aufschluss darüber, wie verbreitet Homeoffice in der Versicherungsbranche ist.
Der Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in Deutschland e.V. (AGV) teilt mit, keine aktuellen Zahlen zur Verbreitung von Homeoffice in Unternehmen zu haben. Bei einer Umfrage des Verbandes 2022 stimmten aber 80 Prozent der Beschäftigten zu, dass sie regelmäßig in den eigenen vier Wänden arbeiten (VersicherungsJournal 13.12.2022).
Auch andere Zahlen sprechen dafür, dass Heimarbeit in der Versicherungswirtschaft stärker verbreitet ist als im Durchschnitt aller Branchen. 2023 ermöglichten laut Statistischem Bundesamt (Destatis) 70,4 Prozent der Unternehmen in der Assekuranz – also Rück- und Erstversicherer sowie Pensionskassen – ihren Mitarbeitenden das Arbeiten im Homeoffice (12.7.2023).
Das VersicherungsJournal hat mehrere Versicherer angefragt, wie sie sich zum Homeoffice positionieren und ob sie zeitnah Änderungen planen. Bis zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses antworteten die Allianz Deutschland AG, die Huk-Coburg-Gruppe und die Provinzial Holding AG.
Allianz gestattet Mitarbeitern mindestens 40 Prozent Homeoffice
Die Allianz betont die Vorteile von Heimarbeit. „Um attraktive und zukunftsfähige Arbeitsmodelle zu bieten, hat die Allianz Gruppe einen Standard für flexibles Arbeiten für ihre rund 160.000 Beschäftigten in nahezu 70 Ländern weltweit geschaffen: Sie können mindestens 40 Prozent ihrer Arbeitszeit außerhalb des Büros arbeiten“, berichtet eine Sprecherin dem VersicherungsJournal.
Die konkrete Umsetzung des hybriden Arbeitsmodells liege aber in der Verantwortung der jeweiligen Konzerngesellschaften, „die so optimal auf lokale Bedürfnisse und Markterfordernisse eingehen können“, erklärt die Sprecherin.
Das hybride Arbeitsmodell der Allianz sendet eine klare Botschaft an unsere Beschäftigten: Wir vertrauen euch!
Allianz-Sprecherin zu Homeoffice-Regelungen des Versicherers
In Deutschland vier Präsenztage pro Monat
Einige Geschäftsbereiche hätten auf Basis lokaler Betriebsvereinbarungen besonders flexible Modelle entwickelt, so die Allianz-Sprecherin weiter. Für rund 20.000 Beschäftigte der Allianz Deutschland AG gelte seit Mai 2023 eine Vereinbarung, die vier gemeinsame Präsenztage pro Monat je Team vorsieht.
Darüber hinaus entscheide jedes Team selbst, wann zusätzliche Präsenz sinnvoll ist – etwa bei der Einarbeitung neuer Kollegen, bei Feedbackgesprächen oder Team-Events. Der Leitgedanke sei, für verschiedene Aktivitäten des Arbeitsalltags den jeweils passenden Ort zu finden – auch unter Berücksichtigung von Kundenbedürfnissen und Lern- und Entwicklungschancen der Mitarbeitenden.
Flexible Arbeitsmodelle entscheidend für den Unternehmenserfolg der Allianz
„Das hybride Arbeitsmodell der Allianz sendet eine klare Botschaft an unsere Beschäftigten: Wir vertrauen euch, dass ihr in eigener Verantwortung die richtigen Entscheidungen für unser Unternehmen und euch selbst trefft.
Diese Eigenverantwortung funktioniert und bringt positive Ergebnisse hervor, wie unsere regelmäßigen Mitarbeiterumfragen zeigen: Rund 90 Prozent unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit bestätigen, dass sie mit unserem Angebot des flexiblen Arbeitens zufrieden sind“, sagt die Sprecherin. Entsprechend gebe es auch keine Pläne, das bestehende Modell zu ändern oder zu verschärfen.
„Flexible Arbeitsmodelle sind für den künftigen Erfolg unseres Unternehmens entscheidend. Insbesondere wenn es darum geht, Talente für uns zu gewinnen. Aus diesem Grunde bieten wir zusätzlich zu den oben dargestellten Möglichkeiten des mobilen Arbeitens auch an, bis zu 25 Tage im Jahr aus dem Ausland heraus mobil zu arbeiten, Job-Tandems zu bilden oder natürlich in Teilzeit zu arbeiten“, berichtet sie.
In der Pandemie hat sich bestätigt: Wir können auch dann ein funktionierendes Team sein, wenn wir nicht alle im Büro präsent sind.
Sprecherin der Huk-Coburg-Versicherungsgruppe
Huk-Coburg: Die Hälfte der Arbeitszeit kann mobil erfolgen
Die Huk-Coburg beschäftigt aktuell rund 9.950 Mitarbeitende in Deutschland. Auch bei den Franken ist die mobile Arbeitszeit per Betriebsvereinbarung geregelt, wie eine Sprecherin des Konzerns bestätigt. Die Vereinbarung wurde direkt nach dem Ende der coronabedingten Homeoffice-Pflicht abgeschlossen und seither nicht verändert.
„Die Mitarbeitenden bei der Huk-Coburg können bis zur Hälfte ihrer Arbeitszeit mobil gestalten. Dieses Angebot wird von den Mitarbeitenden auch rege genutzt“, teilt die Sprecherin mit.
„In der Pandemie hat sich bestätigt: Zusammenarbeit funktioniert auf verschiedenen Wegen: virtuell, hybrid und in Präsenz. Wir können auch dann ein funktionierendes Team sein, wenn wir nicht alle im Büro präsent sind. Und: Gute Leistung und hohe Motivation sind nicht abhängig vom Arbeitsort“, berichtet die Sprecherin weiter.
Demnach seien die während der Pandemie gewonnenen Erkenntnisse genutzt worden, um die Huk auf die Zeit nach Corona vorzubereiten. Man habe ein modernes und flexibles Arbeitsmodell entwickelt – „für Mitarbeitende, Führungskräfte und das Unternehmen insgesamt“, so die Sprecherin.
Provinzial – vermehrte Präsenz, aber bis zu 60 Prozent der Arbeit mobil erlaubt
Die Provinzial Holding AG beschäftigt einschließlich ihrer Provinzial Versicherungen mehr als 5.700 Mitarbeiter. Wie eine Sprecherin der Holding mitteilt, sind viele Beschäftigte nach dem Ende der Pandemie ins Büro zurückgekehrt.
„Es arbeiten wieder deutlich mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Präsenz als in den Pandemiejahren. Die Regelungen zum Homeoffice wurden durch eine Betriebsvereinbarung fortgeschrieben. Unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen können bis zu 60 Prozent pro Quartal mobil arbeiten“, so die Sprecherin.
Sie ergänzt: „Wir agieren dennoch weiterhin flexibel und passen uns sich ändernden Rahmenbedingungen an, wenn es für den Konzern und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sinnvoll ist“.
Natürlich pflegen wir auch sehr bewusst weiterhin eine Kultur der persönlichen Nähe.
Sprecherin der Provinzial Holding AG
Versicherer schaffen zusätzliche Anreize für Rückkehr ins Büro
Die Provinzial-Sprecherin hebt zugleich hervor, dass der öffentliche Versicherer „sehr bewusst weiterhin eine Kultur der persönlichen Nähe“ pflege. So seien neue Anreize für die Rückkehr ins Büro geschaffen worden.
„Um einen starken Teamgeist zusätzlich zu unterstützen, erhalten zum Beispiel seit dem 1. Juli 2023 alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Innendienst an den Standorten Münster, Düsseldorf, Kiel, Hamburg und Detmold sowie in unserer Akademie Marienberg das Mittagessen in den Betriebsrestaurants kostenlos“, berichtet die Sprecherin.
Auf ähnliche Anreize setzt auch die Allianz. „Hybrides Arbeiten heißt für uns das Zusammenspiel aus mobilem Arbeiten und attraktiven Bürokonzepten, die Austausch, Zusammenarbeit und fokussiertes Arbeiten gleichermaßen ermöglichen.
Zum Beispiel haben wir in vielen Allianz-Standorten in Deutschland Bereiche für Zusammenarbeit und informellen Austausch geschaffen, etwa unsere Gastronomiebereiche mit Working-Cafés und Lounges oder agile Kreativzonen. Zudem gibt es auch Rückzugsorte zum konzentrierten Arbeiten oder Telefonieren und an einigen Standorten auch Sportangebote oder Fitnessstudios“, so die Allianz-Sprecherin.