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BGH erläutert die Spielregeln bei Fristversäumnissen

1.3.2023 – Ein Rechtsanwalt hat durch geeignete organisatorische Vorkehrungen dafür zu sorgen, dass Fristversäumnisse möglichst vermieden werden. Hierzu gehört es, außer dem Datum des Fristablaufs grundsätzlich noch eine einwöchige Vorfrist zu notieren. Das hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 20. September 2022 entschieden (VI ZB 17/22).

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Der Kläger hatte bei einer Klage vor einem Landgericht den Kürzeren gezogen. Seine Anwältin legte gegen das Urteil zwar wunschgemäß Berufung ein. Sie versäumte jedoch die Frist zur Begründung der Berufung.

Grund dafür war, dass es eine erfahrene, als zuverlässig bekannte Rechtsanwalts-Fachangestellte aus nicht nachvollziehbaren Gründen versäumt hatte, das Ende der Berufungs-Begründungsfrist im Fristenbuch der Kanzlei einzutragen.

Fristversäumnis wegen Organisationsverschulden

Bei der nachträglichen Einreichung der Berufsbegründung beantragte der Kläger, vertreten durch seine Rechtsanwältin, daher eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand. Die wurde ihm vom Gericht verwehrt.

Der Fall landete schließlich beim Bundesgerichtshof (BGH). Doch auch dort hatte der Mann keinen Erfolg.

Einwöchige Vorfrist

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs muss sich der Kläger das Organisations-Verschulden seiner Anwältin zurechnen lassen. Rechtsanwälte dürften zwar die Berechnung und Notierung von Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft übertragen.

Sie hätten aber durch geeignete organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass Fristversäumnisse möglichst vermieden werden. Daher sei es erforderlich, nicht nur das Datum des Fristablaufs, sondern auch eine einwöchige Vorfrist zu notieren. Denn eine derartige Maßnahme erfordere nur einen geringen Aufwand an Zeit und Mühe.

Ausreichende Überprüfungs- und Bearbeitungszeit

„Die Vorfrist dient dazu sicherzustellen, dass auch für den Fall von Unregelmäßigkeiten und Zwischenfällen noch eine ausreichende Überprüfungs- und Bearbeitungszeit bis zum Ablauf der zu wahrenden Frist verbleibt. Die Eintragung einer Vorfrist bietet eine zusätzliche Fristensicherung. Sie kann die Fristwahrung in der Regel selbst dann gewährleisten, wenn die Eintragung einer Rechtsmittel-Begründungsfrist versehentlich unterblieben ist“, so der BGH.

Weil nicht festgestellt werden konnte, dass die Frist auch bei Durchführung dieser Maßnahmen versäumt worden wäre, ging der Fehler der Kanzlei zulasten des Klägers beziehungsweise seiner ihn vertretenden Anwältin.