BVK und Verdi einigen sich auf Tarifabschluss für Vermittlerbetriebe

3.7.2025 – Nach fünf Jahren ohne Tarifabschluss profitieren Beschäftigte in BVK-Vermittlerbetrieben nun wieder von einer Gehaltserhöhung: Bereits zum 1. Juli stiegen die Löhne um 8,5 Prozent. Für das kommende Jahr ist eine weitere Anpassung geplant – allerdings nur für jene Betriebe, die in den letzten fünf Jahren nicht freiwillig mehr gezahlt haben.

Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) als Arbeitgeberverband und Ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft haben sich auf einen neuen Gehaltstarifvertrag für das Versicherungsvermittlergewerbe geeinigt. Das teilt der Vermittlerverband gegenüber der Presse mit. Der neue Tarifvertrag gilt bis zum 30. Juni 2027.

Gehalt steigt in zwei Stufen

Laut BVK-Vizepräsident Andreas Vollmer gilt der Tarifvertrag für Mitgliedsbetriebe des BVK, sofern deren Beschäftigte gewerkschaftlich bei Verdi organisiert sind. Aktuell betreffe das schätzungsweise 50.000 Angestellte. Vollmer verantwortet das Thema im Präsidium und war an den Verhandlungen beteiligt.

Nach der Vereinbarung steigen die Gehälter ab Juli 2025 um 8,5 Prozent, gefolgt von einer weiteren Anpassung um 2,0 Prozent ab Juli 2026.

Die durchschnittliche jährliche Gehaltserhöhung seit 2020 liegt bei lediglich rund 1,4 Prozent. Damit überfordern wir die Vermittlerbetriebe nicht.

Andreas Vollmer, BVK

Fünf Jahre lang kein neuer Tarifabschluss

Andreas Vollmer (Archivbild: Schmidt-Kasparek)
Andreas Vollmer (Archivbild: Schmidt-Kasparek)

Die vergleichsweise hohe Anpassung ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass es zuvor eine lange Phase tariflicher Stagnation gab.

Der vorherige Vertrag war bereits im August 2020 ausgelaufen – eine Einigung zwischen den Tarifparteien blieb zunächst aus. In der Zwischenzeit erlebte Deutschland Rekordinflation infolge des Ukrainekriegs: 2022 lag die Teuerungsrate bei 6,9 Prozent, 2023 bei 5,9 Prozent.

„Betrachtet man die erste Anpassung von 8,5 Prozent im Kontext der vergangenen anpassungsfreien Jahre, ergibt sich seit 2020 eine durchschnittliche jährliche Gehaltserhöhung von lediglich rund 1,4 Prozent. Damit überfordern wir die Vermittlerbetriebe nicht“, kommentiert Vollmer.

Eine Ausnahme sei zudem für Vermittlerbetriebe vorgesehen, die in den letzten fünf Jahren freiwillig ihr Gehalt für die Mitarbeiter raufgesetzt haben. Sie dürfen bereits gezahlte Erhöhungen auf die neue tarifliche Anpassung anrechnen. Liege die unternehmensinterne Gehaltserhöhung seit 2020 sogar über dem neuen Tarifwert von 8,5 Prozent, entfalle eine weitere tarifliche Erhöhung komplett.

BVK empfahl freiwillige Gehaltserhöhungen

Doch warum dauerte es so lange, einen neuen Vertrag auszuhandeln? Der BVK-Vize verweist darauf, dass der zuvor laufende Tarifvertrag von der Gewerkschaft nicht gekündigt worden sei – und weiterhin seine Gültigkeit behalten habe. Man habe jederzeit für Verhandlungen zur Verfügung gestanden.

„Der neue Tarifvertrag wurde im Frühjahr 2025 nach mehrmonatigen Verhandlungen abgeschlossen. Allerdings hatten wir aus der Verantwortung eines ehrbaren Kaufmanns unseren Mitgliedern empfohlen, sachgerechte freiwillige Anpassungen der Gehälter in ihren Betrieben vorzunehmen“, so Vollmer.

Dass es so lange keine Tarifverhandlungen gab, hatte mit der Pandemie und der wirtschaftlichen Unsicherheit danach zu tun.

Martina Grundler, Verdi

Verdi in schwieriger Verhandlungsposition

Martina Grundler (Bild: Julia Carola Pohle)
Martina Grundler (Bild: Julia Carola Pohle)

Martina Grundler, Bundesfachgruppenleiterin Versicherungen bei Verdi, verweist gegenüber dem VersicherungsJournal darauf, dass die Gewerkschaft bei Vermittlervertrieben grundsätzlich in einer schwierigen Verhandlungsposition sei.

Die Arbeitgeberseite sei sehr heterogen zusammengesetzt, unter anderem, weil man es mit vielen kleineren Unternehmen zu tun habe, die nur wenige Beschäftigte zählen. „Die Anzahl der Gewerkschaftsmitglieder ist gering, daher sind unsere Kapazitäten zur Arbeit in diesem Bereich auch limitiert“, so Grundler.

Das erschwere auch einen Tarifabschluss, der in diesem Bereich traditionell unter dem Niveau des Versicherungsinnendienstes liege, wo größere Versicherer und besser organisierte Belegschaften vertreten seien. „Wir bemühen uns trotzdem gute Tarifabschlüsse zu erreichen, auch wenn wir nur geringe Durchsetzungsmöglichkeiten haben“, so die Gewerkschafterin.

„Dass es so lange keine Tarifverhandlungen gab, hatte mit der Pandemie und der wirtschaftlichen Unsicherheit danach zu tun. Wir haben vor einiger Zeit die Verhandlungen aufgenommen und dann auch zügig zum Abschluss gebracht. Durch die lange Verhandlungspause sind die Gehälter über einen längeren Zeitraum nicht angepasst worden, es gibt also auch in diesem Tarifbereich in der Zukunft noch Nachholbedarf“, sagt Grundler.

Die neuen Gehaltstabellen

Auf Nachfrage stellte der BVK dem VersicherungsJournal die Gehaltstabellen nach dem neuen Tarifvertrag zur Verfügung. Sie erlauben eine ungefähre Orientierung, wie viel den Beschäftigten in Vermittlerbetrieben tariflich zusteht:

  • Ein Berufseinsteiger in der Tarifstufe I verdient ab Juli 2025 monatlich einen tariflichen Grundlohn von 2.095 Euro, ab Juli 2026 sind es 2.237 Euro.
  • In der Tarifstufe III (unter anderem Spezialisten mit vertieften Fachkenntnissen) liegt das Gehalt eines Mitarbeiters mit 3 bis 4 Berufsjahren bei 2.362 Euro (2025) und steigt 2026 auf 2.409 Euro.
  • Ein Mitarbeiter in der Tarifstufe V (selbstständige Betreuung und Beratung größerer oder anspruchsvollerer Kundengruppen, Übernahme von Fachaufgaben und koordinierenden Tätigkeiten) mit 7 bis 8 Jahren Berufserfahrung erhält 2025 ein Gehalt von 3.115 Euro, im Folgejahr steigt es auf 3.177 Euro.
  • Wer in der höchsten Tarifstufe VI arbeitet und 13 Jahre Berufserfahrung mitbringt, kann 2025 mit 4.108 Euro rechnen; 2026 sind es 4.190 Euro.
  • In der mittleren Tarifstufe IV verdienen Beschäftigte mit 5 bis 6 Jahren Erfahrung 2.650 Euro (2025) beziehungsweise 2.703 Euro (2026) monatlich.
Gehaltstabelle ab dem 1. Juli 2025*

Berufsjahre/Tarifstufe

I

II

III

IV

V

VI

im 1.

2.095

2.095

2.095

 

 

 

im 2.

2.095

2.098

2.214

 

 

 

im 3. und 4.

2.095

2.204

2.362

2.528

 

 

im 5. und 6.

2.121

2.280

2.472

2.650

2.977

 

im 7. und 8.

2.179

2.359

2.586

2.798

3.115

3.380

im 9. und 10.

2.299

2.443

2.708

2.930

3.308

3.614

im 11. und 12.

 

2.529

2.835

3.058

3.490

3.863

im 13.

 

2.612

2.952

3.193

3.681

4.108

vom 14. an

 

 

 

3.319

3.872

4.353

Ausbildungsvergütung über Branchenschnitt

Darüber hinaus haben sich beide Seiten auf eine neue tarifliche Ausbildungsvergütung verständigt – ohne, dass kommuniziert wird, wie sie sich gegenüber dem alten Tarifvertrag entwickelt hat. Sie liegt im ersten Ausbildungsjahr bei monatlich 970 Euro, danach steigt sie im zweiten Jahr auf 1.030 Euro, bis sie schließlich im dritten Ausbildungsjahr 1.100 Euro erreicht.

„Diese Werte liegen deutlich über denen anderer Branchen“, so BVK-Vizepräsident Vollmer. „Grund dafür ist, dass in Zeiten des Nachwuchsmangels an Versichererstandorten wie Hamburg, München, Köln und Stuttgart Azubis nur mit einer Vergütung auf dem Niveau des Arbeitgeberverbandes der Versicherungsunternehmen in Deutschland e.V. (AGV) zu bekommen sind.“

Zum Vergleich: Die Ausbildungsvergütung bei den Versicherern liegt seit dem 1. September 2024 bei 1.205 Euro im ersten Ausbildungsjahr. Im zweiten Jahr steigt sie auf 1.282 Euro und erreicht im dritten Ausbildungsjahr 1.370 Euro.

Grundsätzlich zeigt sich eine weite Spreizung bei den tariflichen Ausbildungsvergütungen verschiedener Branchen. Laut WSI-Tarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung bewegte sie sich im ersten Lehrjahr 2024 zwischen 710 Euro im Friseurhandwerk und 1.341 Euro in öffentlichen Pflegeeinrichtungen (VersicherungsJournal 1.8.2024).

Gehaltstabelle ab dem 1. Juli 2026*

Berufsjahre/Tarifstufe

I

II

III

IV

V

VI

im 1.

2.237

2.137

2.137

 

 

 

im 2.

2.237

2.140

2.258

 

 

 

im 3. und 4.

2.237

2.248

2.409

2.579

 

 

im 5. und 6.

2.163

2.326

2.521

2.703

3.037

 

im 7. und 8.

2.223

2.406

2.638

2.854

3.177

3.448

im 9. und 10.

2.345

2.492

2.762

2.989

3.374

3.686

im 11. und 12.

 

2.580

2.892

3.119

3.560

3.940

im 13.

 

2.664

3.011

3.257

3.755

4.190

vom 14. an

 

 

 

3.385

3.949

4.440

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