Tarifabschluss für den Versicherungsinnendienst steht – unter Vorbehalt

7.7.2025 – Der Arbeitgeberverband der Versicherer sowie die Gewerkschaften Verdi und DBV haben sich in der vierten Verhandlungsrunde auf einen neuen Tarifvertrag verständigt. Bevor dieser in Kraft tritt, muss allerdings noch eine Mitgliederbefragung bei Verdi grünes Licht geben. Vorgesehen ist eine Erhöhung der Tarifgehälter um insgesamt 8,3 Prozent innerhalb von 26 Monaten.

Am Freitag fand die vierte Verhandlungsrunde für einen neuen Tarifvertrag für den Versicherungsinnendienst statt. Der zuletzt gültige Vertrag für die rund 183.000 Beschäftigten war bereits im März ausgelaufen.

Beteiligt waren auf Arbeitgeberseite der Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in Deutschland e.V. (AGV) und auf Arbeitnehmerseite die Ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft sowie der Deutsche Bankangestellten-Verband e.V. (DBV) – Gewerkschaft der Finanzdienstleister.

Die vorherigen Verhandlungsrunden waren an den weit auseinanderliegenden Lohnforderungen von Arbeitgebern und Verdi gescheitert (VersicherungsJournal 28.5.2025). Wären die Gespräche erneut ohne Einigung geblieben, hätte frühestens im Herbst weiterverhandelt werden können – mit entsprechend langer Phase ohne gültigen Tarifvertrag und ohne tarifliche Lohnerhöhung (13.6.2025).

Versicherer und Gewerkschaften einigen sich nach sieben Stunden

Wie der Arbeitgeberverband in seinen Tarifnachrichten TN 07/2025 berichtet, brachte die vierte Verhandlungsrunde den Durchbruch. Demnach konnten sich beide Seiten auf einen neuen Tarifvertrag verständigen.

Der Verband spricht erneut von sehr schwierigen Gesprächen. Die Verhandlungsrunde, die aus Termingründen virtuell stattfand, habe sich über sieben Stunden hingezogen. Am Ende habe es jedoch ein einstimmiges Votum für den Tarifvertrag gegeben – sowohl durch den AGV-Vorstand als auch durch die Tarifkommissionen von Verdi und DBV.

Doch in Sack und Tüten ist der Tarifvertrag noch nicht. Er steht unter dem Vorbehalt einer Annahmeerklärung durch Verdi. Das bedeutet: Die Dienstleistungsgewerkschaft will zunächst ihre Mitglieder befragen, ob sie mit den ausgehandelten Konditionen einverstanden sind. Das Votum soll bis spätestens zum 8. August 2025 abgeschlossen sein.

Erst wenn sich eine Mehrheit der bei Verdi organisierten Innendienstbeschäftigten für den Abschluss ausspricht, wird der Tarifvertrag rechtswirksam. Scheitert das Mitgliedervotum, müssten die Verhandlungen neu aufgenommen werden.

Welchen Lohnanstieg der neue Tarifvertrag vorsieht

Um eine Zustimmung zu erreichen, legte der Arbeitgeberverband ein erneut leicht verbessertes Angebot im Vergleich zur dritten Verhandlungsrunde vor. Demnach sollen die Tarifgehälter – einschließlich Schicht- und Tätigkeitszulagen – zum 1. August 2025 um 5,0 Prozent steigen. Ursprünglich war für diesen Zeitpunkt lediglich ein Plus von 4,8 Prozent vorgesehen.

Zum 1. September 2026 sollen die Gehälter dann erneut angehoben werden: unverändert zum Vorgängerangebot um 3,3 Prozent (23.5.2025). Da der ausgehandelte Tarifvertrag rückwirkend zum 1. April 2025 in Kraft treten und bis zum 31. Mai 2027 gelten soll, ergibt sich daraus insgesamt ein Gehaltsplus von 8,3 Prozent innerhalb von 26 Monaten.

Auch die Azubis erhalten mehr Geld. Die Ausbildungsvergütungen steigen zum 1. August 2025 um 150 Euro monatlich und zum 1. September 2026 um weitere 100 Euro.

Weitere Regelungen des Tarifvertrages für den Versicherungsinnendienst

Darüber hinaus wurden weitere Details abgestimmt, die einzelne Tarifstufen, Altersteilzeit und die Weiterbildung betreffen:

  • Anpassung der Gehaltsstruktur in den unteren Gruppen: Die untersten beiden Gehaltsgruppen werden neu geordnet. Die bisherige Gehaltsgruppe A sowie die beiden ersten Berufsjahresstufen der nächsthöheren Gruppe erhalten zusätzlich zur allgemeinen Erhöhung eine überproportionale Anhebung. Künftig umfasst diese Gruppe nur noch zwei Stufen: eine bis einschließlich des dritten Berufsjahres und eine weitere ab dem vierten Berufsjahr.
  • Altersteilzeit verlängert: Die bestehenden Vereinbarungen zur Altersteilzeit für den Innendienst sowie für den sogenannten organisierenden Außendienst (zum Beispiel Mitarbeitende im Vertrieb ohne eigene Abschlussvollmacht) werden ohne Rechtsanspruch um zwei Jahre verlängert – bis zum 31. Dezember 2027.
  • Arbeitszeitkorridor bleibt bestehen: Die Möglichkeit, die tarifliche Arbeitszeit innerhalb eines bestimmten Rahmens flexibel zu gestalten (Arbeitszeitkorridor), wird unter den bisherigen Bedingungen ebenfalls bis Ende 2027 verlängert.
  • Mehr Fahrtkostenzuschuss: Der monatliche Zuschuss für die Fahrt zur Arbeit steigt ab dem 1. August 2025 – bei Angestellten von 20 auf 25 Euro, bei Auszubildenden von 25 auf 30 Euro.
  • Übernahmegarantie für Azubis mit guten Leistungen bleibt: Der Tarifvertrag, der Auszubildenden mit guten Leistungen eine Übernahme zusichert, wird bis Ende 2027 fortgeführt.
  • Mehr Vorbereitung für Prüfungen: Auszubildende erhalten künftig je einen zusätzlichen freien Arbeitstag zur Vorbereitung auf die schriftlichen Abschlussprüfungen – sowohl vor Teil I als auch Teil II der gestreckten Abschlussprüfung. Dabei werden betriebsinterne oder externe Vorbereitungskurse angerechnet. Die Regelung gilt ab dem 1. September 2025.
  • Qualifizierungstarifvertrag wird entfristet: Der bislang befristete Tarifvertrag zur Förderung von Qualifizierungsmaßnahmen wird unbefristet fortgeführt.
  • Freizeitausgleich statt Sonderzahlung möglich: Beschäftigte können auch weiterhin die sogenannte Mai-Sonderzahlung (ein tarifliches zusätzliches Entgelt) in Freizeit umwandeln – die Regelung gilt nun bis Ende 2027.

Nicht in allen Detailfragen konnte sich laut Arbeitgeberverband geeinigt werden. Zu den Themen, die in dieser Tarifrunde nicht behandelt wurden, hätten sich beide Seiten verpflichtet, weiter zu verhandeln.

Was der Abschluss die Arbeitgeber kostet

Für die Versicherungsunternehmen bedeutet der neue Tarifvertrag nach Schätzungen des AGV spürbare Mehrbelastungen. Allein im laufenden Jahr steigen die Personalkosten durch die erste Gehaltserhöhung zum 1. August um durchschnittlich 2,68 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Im kommenden Jahr 2026 schlägt die zweite Erhöhungsrunde mit weiteren 4,02 Prozent zu Buche – gerechnet gegenüber 2025. Auch für 2027 ist bereits eine Belastung von 2,08 Prozent eingeplant. Wie hoch die tatsächlichen Kosten dann ausfallen, hängt vom nächsten Tarifabschluss ab.

Nicht enthalten in diesen Zahlen sind zusätzliche Personalnebenkosten wie Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung oder betriebliche Sonderzahlungen. Berücksichtigt ist jedoch die vereinbarte Mindestanhebung der unteren Gehaltsgruppen um 200 Euro.

Insgesamt steigt der sogenannte Tarifsockel – also das langfristige, garantierte Gehaltsniveau – durch diesen Abschluss um 3,83 Prozent auf Sicht von zwölf Monaten.

Noch keine Stellungnahmen

Stellungnahmen von beiden Seiten lagen am Wochenendes noch nicht vor.

Den neuen Tarifvertrag (PDF, 158 KB) stellt der Arbeitgeberverband auf seiner Webseite bereit. In den Tarifnachrichten finden sich auch weitere Details zu den Vereinbarungen.

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