23.5.2025 – Auch die dritte Tarifrunde zwischen dem Arbeitgeberverband der Versicherer und den Gewerkschaften Verdi und DBV blieb ohne Ergebnis. Zwar legten die Arbeitgeber ein verbessertes Angebot vor – doch Verdi lehnte erneut ab. Die Gewerkschaft hatte bereits im Vorfeld eine Verschärfung der Eskalationsstufe angekündigt.
Aktuell wird ein neuer Tarifvertrag für die rund 183.000 Beschäftigten der privaten Versicherungswirtschaft ausgehandelt, nachdem der geltende Vertrag bereits Ende März auslief. Die dritte Tarifrunde fand am 23. und 24. Mai in Düsseldorf statt.
Die Arbeitgeberseite wird vom Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in Deutschland e.V. (AGV) vertreten. Für die Beschäftigten verhandeln die Ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft sowie der Deutsche Bankangestellten-Verband e.V. (DBV) – Gewerkschaft der Finanzdienstleister.
Verdi lässt Gespräche über einen neuen Tarifvertrag platzen
- Ute Beese (Bild: Peter Himsel)
Die Beratungen in der Großen Tarifkommission dauerten laut Angaben des AGV über vier Stunden.
Dennoch habe die Gewerkschaft Verdi mitgeteilt, das Angebot erneut abzulehnen. Für Verdi führt Martina Grundler die Verhandlungen.
Der Deutsche Bankangestellten-Verband als zweite beteiligte Gewerkschaft zeigte sich enttäuscht über das Scheitern der Gespräche.
„Für die Beschäftigten wäre ein zeitnaher Abschluss sehr wichtig gewesen. Die Arbeitgeberseite teilte uns mit, dass der dritte Verhandlungspartner noch Abstimmungsbedarf habe.
Wir waren und sind dagegen weiterhin verhandlungsbereit“, so Ute Beese, die für den DBV die Verhandlungen leitet.
Arbeitgeber legten verbessertes Angebot für den Innendienst vor
Die Arbeitgeberseite hatte ihr Angebot aus der zweiten Verhandlungsrunde überarbeitet. Ursprünglich war vorgesehen, die Tariflöhne in drei Stufen über 35 Monate um insgesamt 8,63 Prozent zu erhöhen (VersicherungsJournal 29.4.2025). Nun schlugen die Arbeitgeber eine zweistufige Erhöhung bei verkürzter Laufzeit vor:
- Die Tarifgehälter, Zulagen und Schichtzulagen sollen demnach zum 1. August 2025 um 4,8 Prozent steigen und
- zum 1. September 2026 um weitere 3,3 Prozent.
- Insgesamt ergibt das ein Plus von 8,1 Prozent – verteilt auf 28 Monate.
- Martina Grundler (Bild: Julia Carola Pohle)
Die Anpassung bedeutet zwar eine etwas niedrigere Gesamtsteigerung, dafür wäre die Laufzeit um sieben Monate kürzer. Damit kämen die Arbeitgeber der Gewerkschaft insofern entgegen, als Verdi die ursprünglich lange Laufzeit des Vertrags kritisiert hatte.
Verdi fordert weiterhin eine Gehaltserhöhung von zwölf Prozent innerhalb eines Jahres – auch, um Reallohnverluste auszugleichen, die nach Einschätzung der Gewerkschaft infolge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs entstanden sind.
Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Verbraucherpreise in Deutschland im Jahresdurchschnitt 2022 um 7,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr, 2023 lag die Teuerung bei 5,9 Prozent.
Weitere Details des Arbeitgeberangebotes
Darüber hinaus kamen die Arbeitgeber Verdi in weiteren Forderungen entgegen. So sollen unter anderem die Löhne für niedrigere Gehaltsgruppen und die Ausbildungsvergütungen angehoben werden:
- Die Tarifgruppe A, die häufig für Tätigkeiten ohne abgeschlossene Ausbildung vorgesehen ist, soll zunächst um 6,3 Prozent angehoben werden. Damit würden diese Beschäftigten künftig der zweiten Stufe der Tarifgruppe B zugeordnet. Ihr monatliches Grundentgelt stiege somit von bisher 2.128 Euro auf mindestens 2.261 Euro. Darüber hinaus sollen sie auch von der allgemeinen Tariferhöhung um 8,1 Prozent profitieren.
- Die Tarifgruppe B, die für Angestellte im ersten bis dritten Berufsjahr gilt, soll künftig in allen drei Jahren auf das heutige Gehaltsniveau der sogenannten Endstufe dieser Gruppe angehoben werden. Das bedeutet konkret: Die derzeitigen Monatsgehälter von 2.187 Euro im ersten sowie 2.261 Euro im zweiten und dritten Berufsjahr sollen einheitlich auf 2.334 Euro steigen. Auch sie sollen zudem von Lohnsteigerungen im Rahmen des Tarifvertrages profitieren.
- Die tarifliche Vergütung für Auszubildende soll um 220 Euro im Monat angehoben werden. Verdi fordert hingegen, dass Azubis zukünftig 250 Euro mehr erhalten.
- Streit gibt es auch um die Altersteilzeitregelungen für Innendienst und angestellten Werbeaußendienst, die im Altersteilzeitabkommen (AtzA) geregelt sind. Unter bestimmten Bedingungen gleicht der Arbeitgeber dabei Rentenabschläge aus, etwa durch zusätzliche Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Verdi fordert einen unbefristeten Rechtsanspruch – die Arbeitgeber wollen die Regelung hingegen nur um zwei Jahre verlängern und den Rentenausgleich streichen.
- Zum Arbeitgeberangebot gehört auch die Verlängerung des sogenannten tariflichen Arbeitszeitkorridors. Dieser ermöglicht es, die wöchentliche Arbeitszeit einzelner Beschäftigter innerhalb eines definierten Rahmens flexibel zu gestalten – etwa abhängig von der Auftragslage. Die Regelung soll zu unveränderten Bedingungen bis Ende 2027 fortgeführt werden.
- Ebenfalls Teil des Angebots ist eine Erhöhung des tariflichen Fahrtkostenzuschusses für Pendler gemäß § 2a GTV des Manteltarifvertrags (PDF, 2,77 MB). Für Angestellte soll dieser ab 1. August 2025 von 20 auf 25 Euro steigen, für Auszubildende von 25 auf 30 Euro – jeweils monatlich.
- Der Anspruch darauf, dass Azubis mit guten Leistungen vom ausbildenden Versicherer übernommen werden, soll ebenfalls nur befristet verlängert werden – bis 31. Dezember 2027.
Weitere Details des aktuellen Arbeitgeberangebotes finden sich auf der Webseite des AGV.
Wie geht es mit den Tarifverhandlungen weiter?
Ein Termin für eine vierte Verhandlungsrunde ist aktuell nicht angesetzt, wie der AGV berichtet. „Die Tarifvertragsparteien vereinbarten, im Verlauf der kommenden Woche Kontakt aufzunehmen, um die weitere Vorgehensweise zu sondieren“, heißt es dazu in den Tarifnachrichten des Verbands.
- Warnstreik von Verdi am 13. Mai 2025 (Bild: Julia Carola Pohle)
Doch Verdi-Verhandlungsführerin Martina Grundler hatte bereits vor der aktuellen Verhandlungsrunde angedroht, dass „die nächste Eskalationsstufe“ drohe, wenn es zu keiner Einigung komme. Demnach drohen nun unbefristete Streiks bei den Versicherern.
Bereits in den letzten beiden Wochen hatte Verdi zu zahlreichen Warnstreiks aufgerufen, an denen sich nach Angaben der Gewerkschaft circa 7.000 Beschäftigte beteiligt hatten (16.5.2025). Eine Stellungnahme war bis Redaktionsschluss – auch wegen des Wochenendes – nicht zu erhalten.