„Binäre” Variante ist die rechtlich kritischste

6.7.2022 – Die beliebteste „binäre” Variante mit Nennung beider Geschlechter ist indes auch die rechtlich kritischste. Denn sie ist keine geschlechtsneutrale Formulierung und schließt andere Geschlechter – Diverse – aus. Unbedenklicher aus dieser Sicht ist sogar noch das generische Maskulinum, das alle anderen zumindest „mitmeint”.

Das Landgericht Frankfurt a.M. etwa gab bereits mit Urteil vom 3. Dezember 2020 (2-13 O 131/20) einer Klage gegen einen Anbieter statt, weil die obligatorische Auswahl der Anrede „Herr“ oder „Frau“ Personen nicht-binärer Geschlechtsidentität diskriminiere. Weil nur Lüge oder Verzicht auf das Angebot möglich bleibt. Wenn Kunden nur zwischen geschlechtsspezifischen Anreden wählen können, mit welchen sie sich nicht identifizieren können, verletzte dies das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, das auch die geschlechtliche Identität schütze.

So sagte auch der Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungs-Gerichts vom 10. Oktober 2017 (1 BvR 2019/16) in seinen Leitsätzen: 1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) schützt die geschlechtliche Identität. Es schützt auch die geschlechtliche Identität derjenigen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. 2. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG schützt auch Menschen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, vor Diskriminierungen wegen ihres Geschlechts.

Peter Schramm

info@pkv-gutachter.de

zum Artikel: „Duzen, Siezen, Gendern – wie sieht die richtige Kundenansprache aus?”.

Diese Seite empfehlen