BDVM verteidigt sein neues Provisionsmodell für Lebensversicherungen gegen massive Kritik
2.10.2024 – Der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler möchte das nach seiner Meinung antiquierte Provisionsmodell verändern. Eine teilweise Umverteilung von der Abschlussprovision zur laufenden Vergütung sei vorteilhaft für das Image der Branche und für die Kunden. Kritik von Pools und anderen Vermittlerverbänden lässt den BDVM kalt.
„Wir haben nie von einer Reduzierung der Provisionen gesprochen“, sagte Thomas Billerbeck, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungsmakler e.V. (BDVM) am Dienstag auf der Tagung „Aktuelle Entwicklung in der Lebensversicherung“, den das Institut für Versicherungswissenschaft e.V. (IfVW) veranstaltet.
„Wir wollen die Vergütung nur in der Zeit verschieben“, erläuterte der Verbandschef. Vorgeschlagen wurde bereits vor Monaten, dass Vermittler freiwillig mit den Versicherern vereinbaren, beim Abschluss einer Lebensversicherung nur noch eine Provision von 25 Promille der Bewertungssumme zu erhalten. Gleichzeitig soll dann eine höhere laufende Provision gezahlt werden.
Über die Höhe der laufenden Provision soll nach Meinung des BDVM der Markt entscheiden. Die Kunden hätten so den Vorteil, dass sie bei einer Kündigung des Vertrages, etwa weil sich ihre Lebensverhältnisse geändert haben, einen höheren Rückkaufswert erhalten würden (VersicherungsJournal Archiv).
Ich habe nie gedacht, dass diese 25 Promille so toxisch wirken würden.
Thomas Billerbeck, BDVM
Fehlanreize bei der Vermittlung von Lebensversicherungen vermeiden
- Thomas Billerbeck (Bild: Schmidt-Kasparek)
Zudem würde es kein negatives Deckungskapital bei Fondspolicen mehr geben. Billerbeck geht davon aus, dass Versicherungsmakler schon heute fast immer ihre Kunden lebenslang betreuen.
In der Diskussion gingen die Experten davon aus, dass bei einer Veränderung des Provisionsmodells, die Bestände fester würden, die Stornoquote also sinken würde. Billerbeck: „Heute wird jeder zweite Lebensversicherungsvertrag vorzeitig gekündigt.“ Das zeige, dass die Abschlussprovisionen vielfach falsch seien.
Zudem könnte der Reformvorschlag auch bei Verbraucherschützern ankommen, da es heute durch hohe Abschlussprovisionen von oft 40 bis 55 Promille immer noch zu Fehlanreizen bei der Vermittlung von Lebensversicherungen kommen würde.
„Ich habe nie gedacht, dass diese 25 Promille so toxisch wirken würden“, sagte Billerbeck in Richtung Kritiker aus anderen Vermittlerverbänden und Pools. Für die Vertriebe, die von den jährlichen acht Milliarden Euro Provision leben würden, sei dies scheinbar ein einschneidender Wert.
„Es müssen nur einige anfangen“
Der Präsident bezweifelte, dass alle 40.000 Versicherungsmakler wirklich als Versicherungsmakler im Sinne des BDVM, also als ordentlicher Kaufmann und unabhängig, arbeiten würden. Kritisch sieht der Verband vor allem die Position von Unternehmen, die mit Pools zusammenarbeiten würden.
Mit einer höheren laufenden Provision kann man sich einen viel nachhaltigeren Bestand aufbauen.
Thomas Billerbeck, BDVM
Auch die Kritik, dass ohne eine hohe Abschlussprovision Existenzgründungen nicht möglich sein würden, ließ Billerbeck nicht gelten: „Mit einer höheren laufenden Provision kann man sich einen viel nachhaltigeren Bestand aufbauen.“ Hohe Abschlussprovisionen würden nicht mehr in die moderne Welt passen.
Der Verbandschef kritisierte zudem, dass nur schwarze Schafe bestraft werden sollen, wie es die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) vorsieht. Er glaubt, dass es sinnvoller wäre, wenn die Branche von sich aus ein neues Provisionsmodell auf den Markt bringt. Damit würde das Image steigen. „Es müssen nur einige anfangen“, so Billerbeck.
Ein Drittel will Abschlussprovisionen vollständig abschaffen
- Bernhard Gause (Bild: BDVM)
Kritiker hatten moniert, dass nur ein kleiner Prozentsatz der Verbandsmitglieder für eine Veränderung der Provisionsregeln in der Lebensversicherung votiert hätten.
Dazu sagte der geschäftsführende Vorstand des BDVM, Dr. Bernhard Gause, am Rande der Tagung: „Die 160 Unternehmen, die an der Umfrage teilgenommen haben, sind eben die Mitglieder, die im Wesentlichen Lebensversicherungen vermitteln.“
Ein Drittel dieser Unternehmen habe sich für eine vollkommene Abschaffung der Abschlussprovision ausgesprochen, ein Drittel für den nun veröffentlichten Kompromissvorschlag und ein Drittel hätten dafür votiert, dass alles so bleibt wie es derzeit ist.
Insgesamt hat der Vermittlerverband 750 Mitgliedsunternehmen.
Nachhaltigkeit: Aktuell besonders schwieriges Thema
In Sachen Nachhaltigkeit wird die Organisation bald einen Vorschlag präsentieren. „Wir zeigen dann, was grün ist und was nicht“, so Billerbeck. Die Lösung gelte auch für die Vermittlung von Sachversicherungen. Derzeit sei das Thema Nachhaltigkeit in der Praxis nur schwer ansprechbar. „Die Kunden sagen: Danke, Heizungsgesetz und Ende aus.“
Wie schwierig das Thema ist bestätigte auch Björn Bohnhoff, Mitglied des Vorstands der Zurich Gruppe Deutschland. So sei der Nachhaltigkeitsbegriff sehr breit, was zu einer sehr unterschiedlichen Bewertung der Unternehmen durch Rater führen würde.
Das ist so, als würde ein Stabhochspringer ohne Stab immer unter der Latte drunter herlaufen.
Björn Bohnhoff, Zurich, zur Verfügbarkeit nachhaltiger Anlagen
Datengrundlagen für nachhaltige Kapitalanlagen fehlen
- Björn Bohnhoff (Archivbild: Schmidt-Kasparek)
Zudem müssten die Versicherer für Nachhaltigkeit werben dürfen, ohne dass ihnen direkt der Vorwurf des Greenwashing gemacht würde. Werbung sei unerlässlich, um mehr Menschen für das Thema zu sensibilisieren.
Nach Einschätzung von Bohnhoff ist der Zeitplan der EU viel zu ambitioniert. Die Versicherer könnten derzeit nur fünf bis zehn Prozent Nachhaltigkeit liefern, sollten ihm Kundengespräch das Thema aber fokussieren.
„Das ist so, als würde ein Stabhochspringer ohne Stab immer unter der Latte drunter herlaufen“, so Bohnhoff.
Nach seiner Meinung hätten die Menschen aber begriffen, dass Nachhaltigkeit nur durch Verzicht erzielt werden könne.
Problematisch sei, dass die Datengrundlagen, die notwendig seien, um nachhaltige Kapitalanlagen darzustellen, immer noch vollkommen unzureichend wären.