Corona-Infektion am Arbeitsplatz: Eine Frage des Beweises
13.3.2023 Kann nicht mit Sicherheit geklärt werden, ob sich ein an Corona erkrankter Beschäftigter an seinem Arbeitsplatz oder im privaten Bereich infiziert hat, so hat er keinen Anspruch auf Leistungen durch die gesetzliche Unfallversicherung. Das hat das Sozialgericht Speyer mit einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 7. Februar 2023 (S 12 U 188/21) entschieden.
Ein Angestellter infizierte sich mit Covid 19, wenige Tage nachdem dessen Kollegin positiv auf das Virus getestet worden war.
Mit dem Argument, dass sich der Erkrankte die Infektion ebenso gut im privaten Bereich zugezogen haben konnte, lehnte es die Berufsgenossenschaft ab, sie als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Einzige Möglichkeit?
Seine daraufhin eingereichte Klage begründete der Beschäftigte damit, dass er mit seiner Kollegin kurz vor seiner eigenen Infektion eine Unterhaltung geführt habe. Ihre Büros würden sich außerdem genau gegenüber befinden. Es spreche daher alles dafür, dass er sich bei ihr infiziert habe.
Das Sozialgericht Speyer wies die Klage gegen den gesetzlichen Unfallversicherer als unbegründet zurück.
Die Richter räumten zwar ein, dass für eine Infektion am Arbeitsplatz die zeitliche Abfolge des Nachweises der Infektion spreche. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei ein unmittelbarer Kontakt des Klägers mit seiner Kollegin jedoch auf wenige Minuten beschränkt gewesen. Die Frau habe während dieser Zeit außerdem eine OP-Maske getragen und einen Abstand von mehr als 1,5 Metern eingehalten.
Nur geringe Wahrscheinlichkeit der Ansteckung im Büro
Auch wenn eine indirekte Infektion durch zwischen den Büros in der Luft befindliche Aerosole nicht ganz ausgeschlossen werden könne, hielten die Richter diese Möglichkeit für so unwahrscheinlich, dass sie keinen Beweiswert darstelle.
Zu berücksichtigen sei außerdem, dass während des Kontakts ein gekipptes Bürofenster für frische Luft gesorgt und sich zwischen den Räumen ein zwei Meter breiter Flur befunden habe.
Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Angestellte „auch bei gewissenhafter Vorsicht“ ebenso gut in seinem privaten Umfeld angesteckt haben könnte. Das Gegenteil habe er nicht bewiesen.
Keine Beweislastumkehr
Die Richter gestanden dem auch keine Beweislastumkehr zu. Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sollten nur für Schadensereignisse einstehen müssen, welche einem Nachweis zugänglich seien. Von einem Nachweis könne im Fall des Angestellten jedoch nicht ausgegangen werden.
Das Sozialgericht Koblenz hat im September letzten Jahres in einem vergleichbaren Fall ebenfalls zu Ungunsten eines Beschäftigten entschieden (VersicherungsJournal 25.10.2022).
Oft entscheiden wenige Zentimeter, ob die gesetzliche Unfallversicherung bei einem Arbeitsunfall leistet. Der Gesundheitsschaden wird dann schnell zu einem Fall für die Gerichte. Wie begrenzt der Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung ist, wird in einem VersicherungsJournal-Dossier illustriert. Hierfür wurden zahlreiche konkrete Entscheidungen aus der Sozialgerichtsbarkeit zusammengestellt (VersicherungsJournal 13.9.2018). Berücksichtigt werden Wegeunfälle sowie Arbeitsunfälle bei betrieblichen Veranstaltungen, Toilettengängen und im Homeoffice. Zudem liefert das Dossier statistische Daten zum Unfallgeschehen in Deutschland sowie einen Überblick über den Markt der privaten Unfallversicherung. Nähere Informationen und Bestellmöglichkeit finden sich unter diesem Link. Die Publikation steht Premium-Abonnenten des VersicherungsJournals zur persönlichen Nutzung kostenlos zur Verfügung. |