Der Begriff „Versichertengemeinschaft” ist heute völlig unnötig

27.8.2025 – So etwas wie „zulasten der Versichertengemeinschaft zu erbringende Leistungen” ist eine Begrifflichkeit, die den Kern des Versicherungsvertrages verschleiert. Denn die Leistungen – nicht nur in der Sachversicherung – werden selbstverständlich zulasten des Versicherers erbracht, der das Risiko gegen Prämie trägt.

Die deutsche Versicherungswirtschaft hat allerdings ab 1933 den Begriff der Gemeinschaft – etwa Volksgemeinschaft, Betriebsgemeinschaft und eben auch Versichertengemeinschaft – gerne aufgegriffen. Auch weil im Sinne des NS-Wahlspruchs „Gemeinnutz geht vor Eigennutz” eher kapitalistische Konzepte seinerzeit in Deutschland abgelehnt wurden. Was dann direkt dazu geführt hat, dass nicht zur Volksgemeinschaft Zählende alsbald auch aus der Versichertengemeinschaft ausgeschlossen wurden. Das Reichsaufsichtsamt hat allerdings bis Ende der 1930er Jahre auf der Erfüllung der Versicherungsverträge durch die Versicherer bestanden.

Der Versicherungsmathematiker Paul Riebesell – später ab 1948 erster Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Versicherungsmathematik – verkündete als Vorstand der Isar Lebensversicherung AG im Geschäftsbericht für 1939, dass die „Bereinigung des nichtarischen Bestandes vollendet wurde”, mit Auszahlung weiterer gut vier Millionen Reichsmark an Rückkaufswerten. Sein Ansinnen vom 17. November 1938, die Auszahlung von Rückkaufswerten an Juden zu verweigern, lehnte das Reichsaufsichtsamt noch ab.

Der Begriff „Versichertengemeinschaft” ist heute völlig unnötig.

Peter Schramm

info@pkv-gutachter.de

zum Leserbrief: „Es handelt sich hier um bedauerliche Einzelfälle”.

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