Die Haftpflichtversicherer mit den höchsten Beschwerdequoten
22.5.2023 In der Haftpflichtversicherung hat die Bafin 2022 mit 278 Beschwerden etwa sechs Prozent weniger abschließend bearbeitet als im Jahr zuvor. Im Schnitt waren es nicht einmal 0,4 Reklamationen pro 100.000 versicherte Risiken. Auf die höchsten Beschwerdequoten kamen die Alte Leipziger (fast drei Beanstandungen pro 100.000 versicherte Risiken). Die Branchengrößen schnitten mehrheitlich schlechter als der Markt ab.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht (Bafin) hat im vergangenen Jahr 278 Beschwerden über die deutschen Haftpflichtversicherer abschließend bearbeitet. Dies ist der unternehmens-individuellen Beschwerdestatistik der Behörde zu entnehmen, die Mitte Mai veröffentlicht wurde.
Das aktuelle Reklamationsaufkommen in der Haftpflichtversicherung ist nach einem Minus von fast sechs Prozent das niedrigste in den vergangenen 15 Jahren. 2008 war der Höchststand zu verzeichnen. Seinerzeit hatte die Aufsicht mehr als dreimal so viele Beschwerden abschließend bearbeitet wie aktuell (VersicherungsJournal 23.4.2009).
Damit ist das Beschwerdeaufkommen in der Sparte Haftpflicht wie auch in der privaten Krankenversicherung (PKV) (9.5.2023) gesunken. Zunahmen waren hingegen zu beobachten in den Sparten Kraftfahrt (10.5.2023) und Leben (15.5.2023).
Sehr geringe Beschwerdequote in Haftpflicht
Die Beschwerdequote liegt mit erneut unter 0,4 Beanstandungen pro 100.000 Verträge weiterhin auf verschwindend niedrigem Niveau. Sie ergibt sich aus den Reklamationen in Relation zum Bestand an versicherten Risiken von etwa 77,05 Millionen zum Jahresende 2021.
Selbst wenn man noch die 497 Beschwerden beim Versicherungsombudsmann (16.5.2023) hinzurechnet, ändert dies nichts. Denn selbst dann blieben immer noch rund 99.999 von 100.000 Verträgen beschwerdefrei.
Die Haftpflichtversicherer mit der höchsten Quote
Insgesamt werden in der Beschwerdestatistik 64 (2021: 65) Haftpflichtversicherer aufgeführt. Unter den aufgelisteten Gesellschaften mit einem Vertragsbestand von mehr als 100.000 errechnen sich für insgesamt fünf Anbieter Werte von über 1,5 Reklamationen pro 100.000 versicherte Risiken.
Die höchste Quote steht mit fast drei für die Alte Leipziger Versicherung AG zu Buche (fünf Beanstandungen bei fast 176.000 versicherten Risiken). Auf einen Wert von über zwei kommt ansonsten nur noch die Feuersozietät Berlin Brandenburg Versicherung AG (vier Eingaben bei einem Bestand von knapp 178.000).
Vergleichsweise hohe Beschwerdequoten zwischen knapp 1,9 und gut 1,7 errechnen sich für die Dialog Versicherung AG (fünf zu 265.000), die Helvetia Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft AG, Direktion für Deutschland (sechs zu 343.000) und die Bavariadirekt Versicherung AG (fünf zu 289.000).
Bei den vorgenannten Akteuren sind die Quoten gestiegen, bei Dialog und Helvetia sogar deutlich.
So schlugen sich die Branchengrößen
Von den zehn größten Gesellschaften (mehr als 1,6 Millionen versicherte Risiken) schneiden nur vier Anbieter besser als der Branchendurchschnitt ab. Dabei handelt es sich an erster Stelle um die Arag Allgemeine Versicherungs-AG, die mit erneut unter 0,01 Beanstandungen pro 100.000 Risiken den niedrigsten Wert aufweist.
Unter dem Marktdurchschnitt blieben ferner die Huk-Coburg-Allgemeine Versicherung AG, die Huk-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. und die Provinzial Versicherung AG
Etwas schlechter als der Markt agierten die Generali Deutschland Versicherung AG, die Allianz Versicherungs-AG und die Axa Versicherung AG. Quoten von knapp unter beziehungsweise 0,7 errechnen sich für die VHV Allgemeine Versicherung AG und die R+V Allgemeine Versicherung AG. Auf den höchsten Wert unter den Platzhirschen kam die Gothaer Allgemeine Versicherung AG mit fast 1,4 Beschwerden pro 100.000 versicherte Risiken.
Nachteil für wachstumsstarke Versicherer
Seit rund einem Vierteljahrhundert veröffentlicht die Bafin jährlich eine nach Versicherungs-Unternehmen und -zweigen aufgeschlüsselte Beschwerdestatistik. Diese stellt den Angaben zufolge eine Momentaufnahme dar, die durch verschiedene Ereignisse beeinflusst sein kann. Versicherer ohne Beschwerden werden beispielsweise gar nicht aufgeführt.
Die Zahlen sollen „einen Indikator über Qualität und Größe des Versicherungsgeschäfts“ vermitteln, so die Aufsicht. Die Behörde weist jedoch auf die begrenzte Aussagekraft der Statistik über die Qualität einzelner Unternehmen hin. Denn eine Aussage darüber, ob die bearbeiteten Beschwerden begründet gewesen sind oder nicht, geben die Daten nicht her.
Zudem werde die im Laufe eines Jahres abschließend von der Bafin bearbeitete Beschwerdezahl in Relation zu den versicherten Risiken zum Vorjahresende gesetzt. „Stark expandierende Versicherer […] werden durch die Nennung der Bestandszahlen benachteiligt, weil sich der im Laufe des Jahres erhöhte Bestand, aus dem sich die Beschwerden ergeben, nicht in der Statistik wiederfindet“, so die Begründung.