20.5.2025 – In einem aktuellen Rechtsstreit in Hessen haben die Richter des Landessozialgerichts entschieden, dass zwei Fahrer die typischen Merkmale für Arbeitnehmer aufweisen. Demnach sind sie unter anderem von dem Sponsor ihres Teams abhängig und in ihrer Tätigkeit weisungsgebunden gewesen. In der Folge sind sie als Beschäftigte ihres Auftraggebers auch Pflichtmitglieder der Sozialversicherungen.
Rennfahrer sind abhängig beschäftigt, wenn sich ihr Auftraggeber wie ein Arbeitgeber verhält. Das heißt, dass er beispielsweise mit ihnen Exklusivität vereinbart, Fitness- und Gesundheitsvorgaben macht und kontrolliert, eine feste Vergütung zahlt sowie den organisatorischen Rahmen bei Veranstaltungen festlegt.
Das hat das Hessische Landessozialgericht in zwei Urteilen vom 16. Mai 2025 (L 1 BA 34/23 und L 1 BA 38/23) entschieden. Die Revision haben die Richter aus Darmstadt nicht zugelassen.
In der ersten Instanz hatte das Sozialgericht Darmstadt in seinem Urteil vom 10. Juli 2023 (S 13 BA 23/21) nach einer mündlichen Verhandlung noch entschieden, dass Individualsportler typischerweise selbständig tätig sind. Das gelte auch dann, wenn ihr Sponsor ihnen ein Festgehalt zahlt und das Rennauto stellt.
Unternehmen macht Vorgaben zu Fitness-Checks
In dem Streitfall ging es um einen Rallyefahrer und seinen Co-Piloten, mit denen eine Firma aus Weiterstadt Verträge für die Jahre 2017 und 2018 geschlossen hatte. Darin verpflichteten sich die Männer unter anderem, nicht für andere Motorsportteams tätig zu werden und keine gefährlichen Sportarten auszuüben.
Außerdem sollten sie sich regelmäßig von Ärzten untersuchen lassen und an bestimmten Fitnessprogrammen teilnehmen. Die Gesundheit der beiden Fahrer durfte die Firma mithilfe medizinischer Kontrolluntersuchungen überprüfen lassen.
Als Gegenleistung erhielten sie zunächst ein Fahrzeug zur privaten Verfügung. Später zahlte man ihnen ein Jahresentgelt von 35.000 Euro sowie erfolgsbezogene Prämien von 1.500 bis 5.000 Euro. Alle gewonnenen Pokale und Preise blieben hingegen im Besitz der Firma, die auch über das Design der Overalls, Helme und Fahrzeuge des Teams bestimmte.
Autofirma beantragt Statusfeststellung ihrer Fahrer
Der seit mehr als 100 Jahren an Motorsportwettbewerben teilnehmende Fahrzeughändler beantragte beim Rentenversicherungsträger die Feststellung, ob seine zwei Fahrer selbstständig für ihn tätig sind. Die Körperschaft des öffentlichen Rechts entschied aber, dass sie abhängig beschäftigt sind und der Sozialversicherungspflicht unterliegen.
Die Richter des Landessozialgerichts bestätigten diese rechtliche Bewertung in ihren aktuellen Urteilen. Denn die Fahrer seien in einem besonders hohen Maße persönlich von dem Auftraggeber abhängig gewesen: Durch die vertraglich geregelte Exklusivität konnten die Fahrer keine weiteren Einnahmen durch Rennen oder Werbung erzielen.
Fahrer und Beifahrer waren außerdem arbeitsteilig tätig: Der Beifahrer habe präzise Anweisungen gegeben, welche der Fahrer ohne Zögern umgesetzt habe. Zudem habe die Firma an den jeweiligen Veranstaltungsorten den organisatorischen Rahmen vorgegeben, in den sich die Fahrer einfügen mussten.
Sportler haben kein unternehmerisches Risiko getragen
Laut dem Landessozialgericht haben die zwei Fahrer auch kein unternehmerisches Risiko getragen. Denn mit Rennauto, Fahrerausstattung und Werkzeug habe die Firma die wesentlichen Betriebsmittel gestellt. Die Motivation der Fahrer, ihre Karriere im Motorsport zu fördern, begründe keine selbstständige Tätigkeit.
Die Richter verweisen in ihren Begründungen auf die entsprechenden Regelungen des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches. Laut § 7 Absatz 1 SGB IV deuten „eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers“ auf eine nicht selbstständige Arbeit hin.
Ob diese Merkmale für eine sogenannte Beschäftigung bei einem Auftragsverhältnis konkret erfüllt sind, entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund. Deren Bescheid können die Beteiligten laut § 7a Absatz 1 SGB IV schriftlich oder elektronisch beantragen.