8.4.2025 – Versicherungsmakler gehen mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz bislang noch zögerlich um – das zeigt das aktuelle AfW-Vermittlerbarometer. Zwar hat sich die Zahl der Nutzer gegenüber der Vorjahresumfrage mehr als verdoppelt. Doch speziell in der Beratung kommen KI-Tools bisher kaum zum Einsatz. Dafür gibt es gute Gründe.
Der AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. hat zum 17. Mal sein jährliches Vermittlerbarometer vorgelegt. Die Umfrage ist zwar nicht repräsentativ, bietet aber einen Einblick in die Situation und Stimmung unter deutschen Versicherungsmaklern.
Die aktuelle Online-Umfrage wurde im Oktober und November 2024 durchgeführt. Insgesamt 1.173 Teilnehmer beantworteten 124 Fragen – unter anderem zu ihrer täglichen Arbeit, ihrem Einkommen, regulatorischen Vorgaben und aktuellen Branchenthemen (VersicherungsJournal 26.3.2025).
Von den Teilnehmern verfügen rund 89 Prozent über eine Erlaubnis zur Versicherungsvermittlung nach § 34d GewO. Der Großteil von ihnen – etwa 84 Prozent – arbeitet im Maklerstatus. Fast jeder Sechste verfügt zudem über die Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler/-in nach § 34f GewO.
Versicherungsmakler bei KI-Nutzung noch zurückhaltend
Mehrere Aspekte der aktuellen Umfrage drehten sich um den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in Maklerbüros. Welche Tools kommen bereits zum Einsatz – und wofür? Unter anderem sollten die Teilnehmer beantworten: „Nutzen Sie bereits eine Anwendung mit generativer künstlicher Intelligenz, zum Beispiel ChatGPT?“ Diese Frage haben 952 Vermittlerinnen und Vermittler beantwortet.
Das Ergebnis: 35 Prozent – also mehr als jeder dritte Vermittler – setzen KI-Tools inzwischen in ihrem Arbeitsalltag ein. Das entspricht einer Verdopplung gegenüber dem Vorjahr, als nur rund 16 Prozent diese Frage mit „Ja“ beantworteten. Dennoch verzichten 63 Prozent aktuell noch auf den Einsatz entsprechender Anwendungen. Zwei Prozent machten keine Angabe.
Dennoch steigende Verbreitung von KI in der Maklerschaft
Täglicher KI-Einsatz ist bislang die Ausnahme: Nur gut jeder Zehnte (10,5 Prozent) nutzt entsprechende Tools täglich, weitere 14 Prozent immerhin wöchentlich.
Von den Nichtnutzern planen 16 Prozent, künftig auf KI zu setzen. Insgesamt deutet sich damit eine deutlich steigende Verbreitung von KI in der Maklerschaft an.
Im Beratungsprozess spielt KI bisher praktisch keine Rolle
Besonders häufig nutzen Vermittler KI zur Texterstellung (88 Prozent) und zur Ideenfindung (62 Prozent), gefolgt von der Informationsrecherche. Der direkte Einsatz im Kundendialog hingegen ist noch selten: Nur 4,8 Prozent setzen einen Chatbot zur Beantwortung von Kundenfragen ein.
„Viele Vermittelnde nutzen das Potential von KI noch nicht voll aus!“
Frank Rottenbacher, Mitglied des AfW-Vorstandes
„Die Ergebnisse zeigen, dass viele Vermittelnde das Potenzial von KI noch nicht voll ausschöpfen. Dabei kann KI entscheidend zur Effizienzsteigerung beitragen – sei es bei der Ideenfindung für Kundenansprachen, der Erstellung und Überarbeitung von Texten oder der Zusammenfassung von Dokumentationen“, sagt Frank Rottenbacher, Vorstand des AfW-Bundesverbandes.
Gründe für Zurückhaltung
- Frank Rottenbacher (Bild: AfW)
Gefragt wurde auch danach, welche Bedenken Versicherungsmakler beim Einsatz von KI haben beziehungsweise welche Hürden sie dafür sehen. Am häufigsten wurden die Fehleranfälligkeit von KI (56 Prozent), der mögliche Kontrollverlust (41 Prozent) und Datenschutzbedenken (38 Prozent) genannt.
Tatsächlich stößt der Einsatz von KI in der Versicherungs- und Finanzvermittlung an Grenzen. So berichtet die Allianz Global Corporate & Specialty SE (AGCS) in ihrem aktuellen D&O-Report, dass sich das sogenannte KI-Washing als zunehmendes Haftungsrisiko für Manager herausstellt (10.12.2024).
KI-Washing: Haftungsfälle aus den USA bekannt
KI-Washing bezeichnet die Praxis, dass in der Finanzberatung menschliche Beratung vorgetäuscht wird, während tatsächlich eine künstliche Intelligenz die Auswahl von Finanzprodukten oder die Beratung steuert – ein Phänomen, das bisher vor allem in den USA zu Haftungsfällen geführt hat.
Laut Allianz hat demnach die US-amerikanische Börsenaufsicht United States Securities and Exchange Commission (SEC) Vollstreckungsmaßnahmen gegen sechs Beratungsfirmen angeordnet, die mit dem übermäßigen Einsatz von KI gegen Wertpapiergesetze verstoßen und Verbraucher dadurch in die Irre geführt haben sollen.
Datenschutzrechtliche Bedenken
Auch das Thema Datenschutz kann sich als Haftungsfalle entpuppen. Demnach ist eher davon abzuraten, Tools wie ChatGPT oder Grok einfach mit sensiblen Kundendaten zu speisen.
Ein Grund: Die Anbieter haben ihren Sitz in den USA und verfügen über keinen Vertreter in der EU. Daher können Verbraucher ihr Recht auf Auskunft oder Löschung von Daten nicht wahrnehmen, wie Andreas Sutter, Datenschutzbeauftragter der Disphere interactive GmbH, dem Branchendienst Versicherungsbote erklärt.
Außerdem können Verbraucher auf den Webseiten dieser KI-Tools nicht die erforderliche Einwilligung zur Nutzung ihrer Daten erteilen oder diese verweigern. Was mit den Daten genau passiert, bleibt unklar. Sensible und personenbezogene Daten ohne ausdrückliche Einwilligung des Kunden zu verarbeiten oder weiterzugeben, stellt jedoch einen Verstoß gegen die DSGVO dar.
Zusätzlich zur Datenschutzgrundverordnung müssen Vermittler auch die Vorgaben der EU-KI-Verordnung (KI-VO) einhalten. Der AfW hat auf seiner Webseite ein Dokument veröffentlicht, das darstellt, was Vermittler beim Einsatz von KI beachten müssen (PDF, 152 KB).