Was die Versicherungsbranche in Ost und West an Weihnachtsgeld zahlt

21.11.2024 – Beschäftigte des Versicherungsgewerbes bekommen durchschnittlich 80 Prozent ihres Lohnes als Weihnachtsgeld ausgezahlt. Das zeigt eine Auswertung der gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung. Blickt man speziell auf angestellte Versicherungskaufleute, werden jedoch große Unterschiede auch beim Weihnachtsgeldanspruch deutlich.

Vor wenigen Tagen hat das Statistische Bundesamt (Destatis) eine Statistik dazu veröffentlicht, welchen Weihnachtsgeldanspruch Tarifbeschäftigte in Deutschland haben (VersicherungsJournal 11.11.2024).

Nun legt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) mit einer eigenen Umfrage nach und kommt teilweise zu anderen Ergebnissen. Begründet sind diese Differenzen durch unterschiedliche Erhebungsmethoden. So hat das Bundesamt Tarifdaten ausgewertet – das WSI hingegen explizit Beschäftigte befragt.

Konkret haben die gewerkschaftsnahen Forscher 62.714 Beschäftigte unterschiedlicher Branchen befragt, sowohl mit als auch ohne Tarifbindung.

Ostdeutsche bekommen seltener Weihnachtsgeld

Ein allgemeines Ergebnis der Umfrage ist, dass Tarifverträge branchenübergreifend einen Einfluss darauf haben, ob ein Anspruch auf Weihnachtsgeld besteht. In Betrieben ohne Tarifvertrag gehen fast sechs von zehn Beschäftigten leer aus und erhalten kein Extra-Geld zum Fest. In Unternehmen mit Tarifvertrag haben nur 23 Prozent keinen Anspruch.

Deutliche Differenzen zeigen sich auch zwischen Ost- und Westdeutschland. Während im Westen mehr als jeder Zweite ein Weihnachtsgeld erhält, haben im Osten nur vier von zehn Beschäftigten einen Anspruch darauf. Der Unterschied beträgt immerhin zwölf Prozentpunkte. Der wichtigste Grund besteht darin, dass sich im Westen deutlich mehr Unternehmen Tarifverträgen angeschlossen haben.

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Weniger Frauen als Männer erhalten die Extrazahlung

Unterschiede bestehen nach wie vor zwischen den Geschlechtern. 54 Prozent der befragten Männer stimmten zu, dass sie ein Weihnachtsgeld ausgezahlt bekommen. Bei den Frauen sind es nur 48 Prozent.

Die Geschlechterdifferenz resultiert auch daraus, dass Frauen öfter in Teilzeit arbeiten. So haben nur 47 Prozent der Teilzeitbeschäftigten Weihnachtsgeldanspruch, aber 53 Prozent der Vollzeitbeschäftigten.

Weihnachtsgeld (Bild: WSI)

Versicherer zahlen 80 Prozent des Bruttogehalts als Weihnachtsgeld

Wie viele Beschäftigte im Versicherungswesen Anspruch auf Weihnachtsgeld haben, dazu äußert sich das WSI nicht detailliert. Laut Destatis gehört die Versicherungsbranche zu jener mit der höchsten Durchdringung. 99,4 Prozent der Tarifbeschäftigten erhalten demnach diese Sonderzahlung.

Bei den Versicherern gilt bereits ein einheitlicher Tarifvertrag für Ost- und Westdeutschland. Und das wirkt sich auf das Weihnachtsgeld aus. So zählt das Versicherungsgewerbe laut WSI-Studie zu den Branchen, bei denen die Mitarbeiter sowohl in Ost- wie in Westdeutschland den ungefähr gleichen Weihnachtsgeld-Anspruch haben.

Gezahlt werden im Versicherungsgewerbe demnach bundeseinheitlich 80 Prozent des Bruttomonatsgehalts als Weihnachtsgeld. Das WSI weist dessen Höhe dabei nur für die mittlere Entgeltgruppe (Endstufe) aus. Stark vereinfachend sind hier Beschäftigte mit niedrigen und sehr hohen Einkommen nicht berücksichtigt. Demnach erhalten die Mitarbeiter dieser Lohngruppe im Versicherungsgewerbe 2.800 Euro Weihnachtsgeld.

Die Auswertung des WSI zeigt: Es gibt nicht nur große Unterschiede zwischen den Branchen, sondern auch innerhalb einer Branche. Im Versicherungsgewerbe richtet sich der Anspruch auf Weihnachtsgeld nach dem Grundgehalt. Dieses hängt stark von der Unternehmenszugehörigkeit, der Berufserfahrung und der Arbeitszeit (Voll- oder Teilzeit) ab.

Statistische Lücke bei Angestellten im Versicherungsvertrieb

Dabei ist zu beachten, dass speziell die Daten für die Angestellten im Versicherungsvertrieb lückenhaft sein dürften, da die Statistiken oft auf Daten von tarifgebundenen Unternehmen zugreifen. Zwar gibt es auch hier einen Manteltarifvertrag, den der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) zusammen mit Ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ausgehandelt hat.

Die aktuell gültigen Tarifverträge der Vermittlerbranche regeln aber nicht das Weihnachtsgeld, beziehungsweise es sind darin keine entsprechenden Ansprüche festgehalten. Zudem dürften sich viele Vermittlerbüros keinem Tarifvertrag angeschlossen haben, auch wenn sie Angestellte beschäftigen, da hier viele kleine und mittlere Betriebe zu finden sind.

Bei Versicherungskaufleuten entscheidet Tarifbindung über den Anspruch

Die Ergebnisse des Statistischen Bundesamtes wirken weniger eindeutig, wenn man den Weihnachtsgeldanspruch speziell angestellter Versicherungskaufleute betrachtet.

Eine Sonderauswertung des WSI vom Mai 2024 zeigt jedoch deutliche Unterschiede bei den Kaufleuten. Grundlage der Analyse ist der Lohnspiegel der Böckler-Stiftung, der Gehaltsdaten aus rund 500 Berufen auf Basis einer laufenden Onlineumfrage bündelt.

Große Gehaltsunterschiede bei Versicherungskaufleuten

Auch bei Versicherungskaufleuten hängt der Anspruch auf Weihnachtsgeld demnach stark davon ab, ob sie in einem Unternehmen mit oder ohne Tarifbindung arbeiten, wie die Auswertung von 1.815 Datensätzen verdeutlicht.

So stimmen 87 Prozent der angestellten Versicherungskaufleute in Unternehmen mit Tarifvertrag zu, dass sie in den letzten zwölf Monaten ein Weihnachtsgeld erhalten haben. Bei den Versicherungskaufleuten ohne Tarifvertrag sind es hingegen nur 34 Prozent.

Zur Höhe des Weihnachtsgeldes enthält die Sonderauswertung keine Angaben. Sie zeigt aber grundsätzlich große Gehaltsunterschiede bei den Versicherungskaufleuten (25.6.2025).

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