Turbulenzen bei Kompass

25.4.2024 – CEO Matthias Schmidt und CSO Marcus Renziehausen wurden vom Aufsichtsrat der Kompass Group von ihren Vorstandsmandaten entbunden. Gleichzeitig gibt die neu gegründete Kompass Group Deutschland bekannt, dass sie sämtliche Geschäftsbereiche der Kompass Group übernommen hat. Wie genau es zu diesen Vorgängen gekommen ist, bleibt offen. Ebenso, welche Rolle Prozessfinanzierer Foris in der Sache spielt. Hans-Gerd Coenen, Aufsichtsrats-Vorsitzender der Kompass Group, deutet ein juristisches Nachspiel an.

Mit zwei Mitteilungen hat sich am Dienstag die Kompass Group AG an die Presse gewandt. „Vorstand der Kompass Group wird fristlos von seinen Ämtern entbunden“, lautete die überraschende Überschrift des ersten Schreibens am Morgen.

Der Aufsichtsrat des Unternehmens habe bei seiner letzten Sitzung zwei Vorständen das Vertrauen entzogen und diese mit sofortiger Wirkung freigestellt, hieß es. Die Abberufung der Führungsriege, bestehend aus CEO Matthias Schmidt (33) und CSO Marcus Renziehausen (48), sei damit beschlossen.

Das Vorstandmandat von COO René Jerome Fuchs (28) sei bereits im Vorfeld beendet worden. Zum Vierten im Bunde, CFO Sandro Scheffler (37), wurde nichts gesagt.

Aufsichtsrat zieht Konsequenzen

Hans-Gerd Coenen (Bild: GHV)
Hans-Gerd Coenen (Bild: GHV)

„Wir bedauern den Vorgang sehr“, wird Aufsichtsrats-Vorsitzender Hans-Gerd Coenen zitiert. „Wir haben viel Vertrauen in die junge Mannschaft gesetzt. Doch leider haben sie dieses nicht gerechtfertigt. Eine Fortsetzung der Zusammenarbeit, in der bisherigen Form, ist nicht mehr möglich“.

Schmidt habe Anfang April auf Linkedin selbst eingeräumt, „dass es immer wieder Situationen gab, in denen wir als Team und auch ich persönlich einfach nicht gut entschieden haben … Manchmal geht man manche Dinge falsch an oder trifft nicht die richtige Entscheidung, was dann wiederum dazu führt, dass das Ergebnis nicht zufriedenstellend ist.“

Jetzt habe sich das Aufsichtsgremium der Aktiengesellschaft gezwungen gesehen, daraus auch Konsequenzen zu ziehen, wird berichtet. Mit einer kurzfristigen Neuberufung von Nachfolgern werde die Kompass Group ihren Wachstumskurs fortsetzen.

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Geschäftsbereiche übertragen

Am späten Nachmittag folgte dann ein zweites Papier. „Insurtech tritt künftig als Kompass Group Deutschland AG auf“, titelte das Presseteam.

Seit April seien sämtliche Geschäftsbereiche des Unternehmens Teil der zuvor gegründeten Kompass Group Deutschland, hieß es. Die bisherige Kompass Group enthalte seit diesem Zeitpunkt kein operatives Geschäft mehr und verbleibe als Mantelgesellschaft.

Im Zuge der Maßnahme sei die Minderheitsaktionärin Deutsche Treuwert Wealth Management AG bei der Kompass Group Deutschland ausgeschieden. Mit der Gesellschaft assoziierte Personen bekleideten bei der Kompass Group Deutschland keine Positionen mehr.

Das Insurtech führe sein Geschäft mit dem bekannten Vorstandsteam fort und befinde sich aktuell im Austausch mit Investoren und potenziellen Übernahmezielen.

Matthias Schmidt leitet der Neugründung

Matthias Schmidt (Bild: privat)
Matthias Schmidt (Bild: privat)

„Die Maßnahmen, die wir bereits vor mehreren Monaten eingeleitet haben und die mit dem Übergang sämtlicher Bilanzpositionen auf die Kompass Group Deutschland im April abgeschlossen waren, verändern operativ nichts – weder für Mitarbeiter noch für Kunden und Geschäftspartner“, kommt Matthias Schmidt zu Wort – in der Funktion als CEO der Kompass Group Deutschland.

Man verspreche sich von der neuen Eigentümerstruktur einen verbesserten Zugang zu potenziellen Investoren und werde handlungsfähiger.

Viele Fragen bleiben offen

Mit weiteren Details zu den Vorgängen bei dem 2020 gegründeten Insurtech sind beide Seiten zurückhaltend.

Auf Fragen zu den Eigentümern der neuen Gesellschaft, den Beschlussfassungen zur Übertragung sämtlicher Geschäftsbereiche, was zuvor Handlungen eingeschränkt hat und wie es zu der Trennung kam, antwortete am Mittwoch ein Sprecher der Kompass Group Deutschland der Redaktion des VersicherungsJournals.

Die wesentlichen Geschäftsbereiche oder Bilanzpositionen seien auf die neue Gesellschaft übertragen worden. Auch sei das Führungsteam dort weiter aktiv und führe das operative Geschäft fort.

Rechtsanwaltskanzlei begleitet Maßnahmen

„Die alte Kompass Group AG ist nach unserem Kenntnisstand eine leere Hülle, die zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Vorstände keine Geschäftstätigkeit mehr hatte und mutmaßlich auch heute nicht hat. Die in der von Ihnen zitierten ‚Pressemitteilung‘ genannte Abberufung von Posten der ‚alten‘ AG hat daher für uns keine große Relevanz“, heißt es.

Und weiter: „Sämtliche Maßnahmen sind unseres Erachtens durch Beschlüsse einer außerordentlichen Hauptversammlung gedeckt. Zudem hat eine auf derartige Vorgänge spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei die wesentlichen Prozesse begleitet.“

Die Kompass Group Deutschland setze ihren Wachstumskurs „gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden und Partnern fort – es geht weiter wie bisher. Zur ‚alten‘ AG können wir dementsprechend keine besonderen Angaben machen. Wir richten den Blick daher nach vorne und fokussieren uns auf das operative Geschäft“, so der Unternehmenssprecher.

Hans-Gerd Coenen bleibt zurückhaltend

Gegenüber dem VersicherungsJournal äußert Aufsichtsrats-Vorsitzender Coenen nochmals sein Bedauern, dass es zu dieser Situation gekommen sei. Schon aus rechtlichen Gründen könne er jedoch nicht alle Fragen beantworten.

Sandro Scheffler sei aber weiterhin Vorstand der Kompass Group. Zudem habe der Aufsichtsrat der Kompass Group die Presseinformation der Kompass Group Deutschland ebenfalls gelesen und die Informationen vernommen.

Welche Rolle spielt Prozessfinanzierer Foris?

Fakt ist, dass es laut Handelsregister bereits seit Juni 2023 eine Kompass Group Deutschland AG gibt. Die Geschäftsanschrift war zunächst identisch mit der Geschäftsanschrift der Foris AG, ein gewerblicher Prozessfinanzierer.

Vorstand der Neugründung war bis April dieses Jahres Thomas Abrokat (54), kaufmännischer Leiter bei Foris. Seither ist René Jerome Fuchs als Vorstand der Kompass Group Deutschland eingetragen.

Der Sitz wurde zum gleichen Zeitpunkt nach Karlsruhe verlegt und das Stammkapital um 6.316 Euro auf 56.316 Euro erhöht. Ferner wurde eine Neufassung der Satzung beschlossen, insbesondere der Firma und des Unternehmensgegenstandes, heißt es im Verzeichnis.

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