Wie sind eigentlich Schäden durch Wallbox und Balkonkraftwerk versichert?

2.12.2024 – Versicherer gewähren Versicherungsnehmern durch die allgemeine Deckung der gesetzlichen Haftpflicht und aus der Mitversicherung von Risiken aus dem Haus- und Grundbesitz Versicherungsschutz für Wallboxen und Balkonkraftwerke im Rahmen der Privathaftpflichtversicherung. Davon geht die Haftpflichtkasse aus. Klarstellungen in Bedingungswerken dienen der Transparenz und Kundenfreundlichkeit sowie der Vermeidung von Streitigkeiten, so die Roßdorfer. Auch Marketingaspekte spielten eine Rolle.

Der technische Fortschritt hat in den vergangenen Jahren ein atemberaubendes Tempo hingelegt. Dabei war Nachhaltigkeit ein wichtiger Aspekt und führte unter anderem zur Entwicklung der erneuerbaren Energien.

Mittlerweile sind viele Technologien, die dazu beitragen, den Energiebedarf auf umweltfreundliche Weise zu decken, im Alltag der Menschen angekommen. Erst im zweiten Schritt stellt sich nun oft die Frage nach dem Versicherungsschutz.

Continentale hat Klarheit geschaffen

Kürzlich hat die Continentale Sachversicherung AG ihren Privathaftpflichttarif „ProtectionPlus“ erneuert. Der Tarif enthalte jetzt nicht nur höhere Versicherungssummen und Entschädigungsgrenzen, sondern auch zahlreiche Leistungserweiterungen, wurde mitgeteilt.

So sind künftig auch Schäden durch Wallboxen und Balkonkraftwerke versichert. Die Dortmunder nennen als Beispiel Brände, die durch den Betrieb einer Photovoltaikanlage auf dem Balkon entstehen.

„Wir wollten Klarheit schaffen“, erklärt eine Unternehmenssprecherin auf Nachfrage. Für den Versicherungskunden sei nun eindeutig geregelt, welche seiner Versicherungen bei einem Schadenvorfall, verursacht durch sein Balkonkraftwerk oder seine Ladestation fürs Elektroauto, zuständig sei.

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Balkonkraftwerke sind schon länger ein Thema der VHV-Kunden

Stellt sich die Frage, ob Schäden durch Wallboxen und Balkonkraftwerke explizit in Leistungskataloge von Privathaftpflichtversicherungen (PHV) aufgenommen werden sollten? Gibt es hier Deckungslücken? Wie halten es die Platzhirsche damit?

Die VHV Allgemeine Versicherung AG, die laut der Asscompact-„Marktstudie Privates Schaden-/Unfallgeschäft 2024“ in diesem Segment aktuell auf den zweitgrößten Geschäftsanteil im unabhängigen Vermittlermarkt kommt (VersicherungsJournal 5.7.2024), spricht sich dafür aus.

Balkonkraftwerke und weitere Anlagen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien seien schon länger ein Thema der Kunden, berichtet eine Unternehmenssprecherin. Man biete einen entsprechenden Versicherungsschutz auch im Rahmen der Privathaftpflichtversicherung an.

Bei den Hannoveranern sind ihren Angaben zufolge Balkonkraftwerke inklusive der Einspeisung in ein fremdes Stromnetz und stationäre Ladestationen sowohl im Tarif „VHV-KLASSIK-GARANT“ als auch im Zusatzbaustein „EXKLUSIV“ versichert. Darüber hinaus sind in beiden Produkten weitere regenerative Energien wie Flächengeothermie-, Photovoltaik- und Solaranlagen abgesichert.

Wir gehen davon aus, dass auch unsere Mitbewerber [...] unsere Einschätzung [...] teilen.

Fermin Fuentes, Leiter Vertrag PHV bei der Haftpflichtkasse

Haftpflichtkasse sieht keine Deckungslücken in der Branche

Die Haftpflichtkasse VVaG, seit Jahren (4.7.2019) präferierter Anbieter der Versicherungsmakler und Mehrfachvertreter in dieser Sparte, bringt noch andere Aspekte ins Spiel. „Grundsätzlich besteht in allen Tarifen der Privathaftpflichtversicherung der Haftpflichtkasse Versicherungsschutz für Risiken aus Haus- und Grundbesitz“, berichtet Fermin Fuentes, Leiter Vertrag PHV.

„In diesem Zusammenhang gewähren wir unserem Versicherungsnehmer auch Versicherungsschutz für seine gesetzliche Haftpflicht als Betreiber von technischen Anlagen auf dem versicherten Grundstück.“ Dazu gehöre selbstverständlich auch die Unterhaltung eines Balkonkraftwerks oder auch einer Ladestation für Elektrofahrzeuge.

„Wir gehen davon aus, dass auch unsere Mitbewerber durch die allgemeine Deckung ‚der gesetzlichen Haftpflicht‘ und aus der Mitversicherung von Risiken aus dem Haus- und Grundbesitz unsere Einschätzung in Bezug auf den Versicherungsschutz für Wallboxen und Balkonkraftwerke im Rahmen der PHV teilen“, so Fuentes.

„Eine explizite Aufnahme der beiden Anlagen in die Versicherungsbedingungen erfolgt somit dann zunächst deklaratorisch – unserer Meinung nach besteht hier keine Deckungslücke in der Branche“, sagt er.

Diese Klarstellungen dienen in der Regel der Transparenz und Kundenfreundlichkeit.

Fermin Fuentes, Leiter Vertrag PHV bei der Haftpflichtkasse

Explizite Aufnahme ermöglicht Konkretisierungen und Abgrenzungen

Es sei jedoch nicht unüblich, den einen oder anderen Punkt aus deklaratorischen Gründen in die Bedingungen aufzunehmen. Fuentes bringt hier als Beispiel die Mitversicherung der „Ausübung von Sport – mit der Ausnahme des Jagdsports“.

„Diese Klarstellungen dienen in der Regel der Transparenz und Kundenfreundlichkeit und nicht zuletzt auch der Vermeidung von Streitigkeiten im Schadensfall. Denn durch die explizite Aufnahme eines Risikos in die Versicherungsbedingungen, ergibt sich für den Versicherer die Möglichkeit, Risiken zu konkretisieren oder durch klare Bedingungen abzugrenzen“, erklärt er.

„So könnte bei den [...] angeführten Risiken eine eindeutige Definition von Wallboxen und Balkonkraftwerken (zum Beispiel in Bezug auf Leistungskapazitäten oder Installationsanforderungen) den Umfang der versicherten Anlagen eingrenzen“, erläutert der Leiter Vertrag PHV der Haftpflichtkasse.

Marketingaspekte können eine Rolle spielen

Für Vermittler besonders interessant: „Natürlich können auch Marketingaspekte bei der deklaratorischen Nennung eines Risikos eine Rolle spielen, insbesondere wenn gesellschaftliche Trends wie Nachhaltigkeit und technologische Innovationen gezielt eine bestimmte Zielgruppe ansprechen sollen“, sagt Fuentes.

Warum also nicht in einem Kundengespräch auch nach dem Versicherungsschutz für Schäden durch Wallbox und Balkonkraftwerk fragen? Hier bieten sich Profilierungsmöglichkeiten.

Immerhin fahren auf Deutschlands Straßen mittlerweile 1,59 Millionen rein elektrisch betriebene Fahrzeuge, die mitunter zu Hause aufgeladen werden. Und Balkonkraftwerke boomen. Bis Ende Juni 2024 kamen 220.000 neue Anlagen hinzu. Im vergangenen Jahr wurden rund 500.000 neue Anlagen registriert.

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