Vertriebstipps in der Versicherungsbranche: Die Kunst der Kaltakquise

9.12.2024 – Versicherungsvermittler, die ihren Kundenbestand vergrößern wollen, müssen sich mit den bewährten Mitteln der Akquise auseinandersetzen. Erfolgreich ist, wer sich optimal darauf vorbereitet. Dazu gehört, eine Gesprächsstruktur und ein Skript zu entwickeln, im Team zu üben, realistische Ziele zu fassen und die passenden Tools einzusetzen. Ein Gastbeitrag von Sean Evers vom CRM-Anbieter Pipedrive.

Die Covid-Krise hat, rückblickend betrachtet, in vielen Industrien als wahrer Digitalisierungs-Katalysator fungiert. Getreu dem Motto „Jetzt erst recht“ haben ganze Branchen, die seit jeher vom persönlichen Kontakt geprägt waren, ihre Prozesse neu und digital gedacht.

Sean Evers (Bild: Andy Mac)
Sean Evers (Bild: Andy Mac)

So auch die Versicherungsbranche: Eine Studie der Unternehmensberatung Pricewaterhousecoopers GmbH (PWC) legte bereits 2022 dar, dass mehr als drei Viertel der befragten Versicherer inzwischen Videoberatung mit direkter Abschlussmöglichkeit anbieten. Und damit fast dreimal so viel wie noch vor der Pandemie.

Persönlicher Kontakt verliert Monopolstellung

Der persönliche Kontakt mit analogen Treffen bleibt zwar weiterhin ein Erfolgsfaktor, verliert aber seine Monopolstellung – eine wichtige Weiterentwicklung für den Versicherungsvertrieb der Zukunft. Und auch eine aktuelle Studie des CRM-Anbieters Pipedrive OÜ zeigt, dass Vertriebsexperten, wohlgemerkt über alle Branchen hinweg, im digitalen Zeitalter angekommen sind.

Allein im letzten Jahr haben nach eigenen Angaben 83 Prozent der befragten Unternehmen ihre Vertriebsprozesse überholt und mindestens eine neue Technologie oder einen neuen Prozess eingeführt. 

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Bewährte Mittel der Kaltakquise bleiben aktuell

Soweit, so gut. Doch trotz automatisierter Lead-Generierung, E-Mail-Marketing und KI-basierten Chatbots: Versicherungsprofis, die ihren Kundenbestand vergrößern wollen, müssen sich noch immer mit dem bewährten Mittel der Kaltakquise auseinandersetzen – selbstverständlich erst nach erfolgreichem Erstkontakt und Einwilligung zum Erhalt von Informationen und damit DSGVO-konform. Schließlich bietet der Austausch am Telefon die Möglichkeit zur direkten Interaktion.

Fragen zu Versicherungssummen oder Vertragslaufzeiten können direkt beantwortet werden und eine persönliche Bindung zum (potenziellen) Neukunden kann aufgebaut werden. Gerade bei erklärungsbedürftigen Produkten wie Versicherungen können die Vermittler glänzen – und erhöhen ihre Abschlussquote bei der richtigen Vorgehensweise.

Eine Studie von Valueselling Associates, Inc. fand jedoch heraus, dass sich Vertriebsmitarbeiter zunehmend vor der Kaltakquise scheuen. Über die Hälfte der befragten Vertriebsprofis gab an, bei der Kaltakquise zu schnell aufzugeben, und 48 Prozent haben Angst, potenzielle Kunden per Telefon zu kontaktieren.

Hier sind einige Tipps, wie man sich optimal auf die Kaltakquise vorbereitet.

Erstens: Gesprächsstruktur und Skript entwickeln

Eines der wichtigsten Elemente beim Aufbau der Kaltakquise-Strategie ist die Erstellung eines Skripts beziehungsweise mehrerer Skripte. Solch ein Skript gibt jeder Verkaufsaktivität Struktur und es hilft, sich auf verschiedene Gesprächsszenarien vorzubereiten.

Ein Skript entsteht bestenfalls mit der Expertise mehrerer erfahrener Mitarbeiter und sollte je nach den persönlichen Erfahrungen des Anwenders laufend aktualisiert werden. Denn der Vertriebsmitarbeiter lernt ständig dazu. Diese Learnings sollten im Skript abgebildet sein. Ein sauber ausgearbeitetes Skript minimiert Unsicherheiten und unterstützt dabei, die gewünschte Gesprächsführung erfolgreich umzusetzen:

  • Was sind typische Einwände zu Beginn des Gesprächs und wie kann man diese erfolgreich abwenden?
  • Wie lenkt man das Gespräch möglichst natürlich auf das Thema Versicherungen und gewinnt das Vertrauen des digitalen Gegenübers?
  • Je nach angebotener Versicherung können sich die Rückfragen unterscheiden: Was sind die am häufigsten gestellten Fragen und welche Antworten funktionieren am besten?

Neben den Skripts gibt es andere wichtige Ressourcen, die Vertriebsmitarbeiter stets zur Hand haben sollten. Dazu zählen beispielsweise aktuelle Studien, Produktbeschreibungen und FAQs. Wer sich dann vor dem Anruf noch intensiv mit dem Kunden beschäftigt, kann sich für fast alle auftretenden Eventualitäten wie spezielle Anforderungen oder Rückfragen wappnen.

Zweitens: interaktive Rollenspiele und der Austausch im Team

Ein bedeutender Punkt bei der Kaltakquise ist der Umgang mit Ablehnung und Einwänden. Denn machen wir uns nichts vor: Die wenigsten potenziellen Kunden reagieren ohne jedwede kritische Rückfrage durchweg begeistert auf den Anruf eines weitgehend unbekannten Versicherungsexperten. Stattdessen überwiegen Aussagen wie „kein Interesse“, „zu teuer“ oder „zu kompliziert“.

Der Umgang mit solchen Aussagen ist deshalb elementar für den erfolgreichen Verlauf eines Gesprächs. Zum einen können in Videokursen grundsätzliche Gesprächstechniken erlernt werden.

Noch besser ist jedoch das Durchspielen von verschiedenen Gesprächen mit Kollegen: Einmal schlüpft die Kollegin in die Rolle der abweisenden Kundin, ein andermal denkt man sich selbst in die Gedanken eines viel beschäftigten Ansprechpartners hinein. So kann man im Dialog erarbeiten, wie man bestmöglich mit (Worst Case-) Situationen umgeht, welche Kernbotschaften man vermitteln sollte und entwickelt gleichzeitig ein tieferes Empathiegefühl für das Gegenüber.

Drittens: Zielsetzung: Die Aktivitäten in den Vordergrund stellen

Beim aktivitätsbasierten Verkauf (auch Activity-based Selling genannt) messen Vertriebsteams die Anzahl der Verkaufsaktivitäten anstatt den erzielten Umsatz. Denn wenn die Vertriebskräfte wissen, wie viele Kaltanrufe es braucht, um einen Lead zu gewinnen, und wie viele Verkaufsdemos erforderlich sind, um einen Lead zum zahlenden Versicherungsnehmer zu machen, dann können realistische Ziele gesetzt und schlussendlich erreicht werden.

Das reduziert den Stress der Versicherungsexperten und schafft das Verständnis, dass ausgegebene Ziele bei normalem Verlauf der Gespräche effizient erreicht werden können.

Viertens: Technologie im Lead-Generierungsprozess

Das Cold Calling ist deshalb so erfolgversprechend, weil eine menschliche Interaktion stattfindet. Trotzdem sollte im Vorbereitungsprozess auf digitale Helferlein zurückgegriffen werden. So können CRM-Tools dabei helfen, die richtigen Leads zu identifizieren.

Dabei greifen die Tools beispielsweise auf die Daten von Webseiten-Besuchern oder Social-Media-Followern mit Berücksichtigung der geltenden DSGVO-Richtlinien zurück und erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines initialen Interesses – auch bei einem „kalten“ Anruf.

Kurzum: Kaltakquise ist nicht nur häufig der erste Schritt zu einem erfolgreichen Versicherungsabschluss. Auch aus Misserfolgen lassen sich dank authentischem Feedback (in Echtzeit) gepaart mit einer interaktiven Note Schlüsse ziehen, die für viele andere Schritte des Verkaufsprozesses gewinnbringend sind. Mit wenigen Tricks kann dieser Schritt – beziehungsweise der Griff zum Hörer – jedem gelingen.

Sean Evers

Der Autor ist als VP of Sales beim CRM-Anbieter Pipedrive OÜ für die Entwicklung von Vertriebsplänen und -strategien verantwortlich. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung im Verkauf, darunter als Head of Global Sales bei Circle UK und VP of Sales bei Sage.

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